Gemeindehaus

 

Zur Geschichte unseres Pfarrhauses

 

Ein Pfarrhaus hat in der evangelischen Kirche eine ganz besondere Bedeutung. Es ist nicht nur Wohnung der Familie des Pfarrers, es ist ein Treffpunkt, ein Ort der Versammlung, ein Ort der Glaubenlehre und der Musik – auch ein Ort der Verwaltung und Politik. Wie unsere evangelische St. Blasius Kirche eine fast 500 jährige Geschichte in ihren alten Mauern festhält, hofften wir auch einiges über die wechselvollen Zeiten und dem Leben im Pfarrhaus zu erfahren. Grund dazu gab der vollständige Umbau des Hauses in der Marktstraße 20 im Text oft als Diaconat  bezeichnet. Die Friedrichrodaer Kirchgemeinde hatte aber bis 1999 auch noch das angrenzende Haus Marktstr. 18 im Text dann Adjunctur  oder Superintendentur genannt.

 

Pfarrhaus003

 

Zur feierlichen Eröffnung unseres vollständig Aus- Um- und Angebauten Pfarrhauses in den Tagen vom 19.-21. September 2003 hat unser Pfarrer Albrecht Kunz einen Vortrag gehalten, der hier in etwas kürzerer Form wiedergegeben, einen Blick zurück in längst vergangene Zeiten unseres Heimatortes Friedrichroda geben kann.

 

 

Eine Geschichte des ev.-luth. Pfarrhauses in Friedrichroda kann nur erzählt werden, indem zunächst 3 Einschränkungen bzw. Hinzunahmen koinzidiert werden, will das Unternehmen einigermaßen sinnvoll und authentisch sein. Einmal: Jeder geschichtsbezogene Vortrag oder andere Unternehmung ist ausnahmslos auf Quellen angewiesen, resp. auf einen veritablen Zugang zu eben solchen: Urkunden, Schriftstücke, Belege, Bilder, Verträge, u.a.m. Hat man diese zur Verfügung, kann sich der Historiker glücklich schätzen, das Stochern im Nebel lichtet dann erfolgreich den Schleier. Hat er sie nicht zur Verfügung, kann er im Höchstfalle spekulieren, dann muss er un­ter großer Vorsicht vorgehen und sich voreiliger Schlüsse enthalten – auf jeden Fall aber die zweifelhafte Quellenlage benennen. Weiß er nun, dass Quellen vorhanden sind, deren Zugang jedoch versperrt ist, dann kommt sich ein Historiker vor wie ein Musiker ohne Noten, der trotzdem das Bachsche Magnifikat aufführen soll.

Letzter Fall ist nun unsere Ausgangslage: Der Materialbestand ist reichhaltig, doch noch fast unzugänglich. Man braucht das jedoch nicht zu beklagen, sondern als weiteren Grund dafür betrachten, warum der Umbau des Pfarrhauses geschehen musste. Der dazu gewonnene Archivraum ist unisono die Bedingung dafür, dass nach und nach unter historischen Gesichtspunkten der Materialbestand aufbereitet werden kann. Bis es soweit ist, bleibt jede Aussage unter dem Signum des Vorläufigen. Zweitens: Wenn in Friedrichroda vom Pfarrhaus die Rede ist, dann muss sich zunächst klären, welches der beiden Häuser überhaupt gemeint ist, jenes – in Straßenbezeichnung – mit Nr. 18 oder dieses mit Nr. 20 der Marktstraße. Das heißt, auf die Funktion als Pfarrhaus angewendet, wird sich mindestens einiges mit beiden Häusern verschränken, wenn nicht sogar mehrheitlich auf die Nr. 18 ausfallen, weil dieses Haus nach gewöhnlicher Betrachtungsweise das Ältere von beiden ist, zumindest in seiner Bestimmung als Pfarrhaus. Daraus ergibt sich eine weitere Konsequenz, gleichsam als Unterpunkt zur zweiten Einschränkung, die dann richtigerweise eine Hinzunahme ist. Was mit der förmlichen Bezeichnung der Hausnummern eher nüchtern klingt, hat zwar eine kaum benennbare, aber deshalb um so wichtigere Komponente, dass sich in kirchlicher und bürgerlicher Gemeinde die Achtung und das Gewicht beider Häuser als Pfarrhäuser niedergeschlagen hat und noch niederschlägt. Oft begegnet mir bis heute ein großes Erstaunen darüber, dass es mittlerweile und streng genommen, seit Sommer 1995 nur noch ein Pfarrhaus gibt, was spätestens durch den Verkauf des Zweiten als juristisch besiegelter Gegenstand zu einem unumstößli­chen Faktum gelangt ist. Drittens und letztens der Vorbemerkungen: Was für Häuser im Allgemeinen gilt für Pfarrhäuser im Besonderen, dass sie nur zur Wirkung kommen durch die in ihr lebenden und wirkenden Menschen. Man wird dabei mit aller Behutsamkeit darauf verweisen, dass Pfarrer ihr Amtsverständnis auf den Dienst an und in der Gemeinde entwerfen müssen, insofern als Einzelperson eher im Hintergrund stehen. Gleichzeitig ist ihre Stellung eine öffentliche und durch die obligate Beauftragung in Gottesdienst und Seelsorge im Vordergrund angesiedelt. Will sich das Kind nun nicht mit dem Bade ausschütten, wird man einräumen dürfen, dass ein Pfarrhaus erst dann zur Blüte kommt als eine Stätte der Begegnung aller Altersgruppen, als Hort des regen Austausches zwischen Gesellschaft und kirchlicher Gemeinde, sofern der jeweilige Amtsträger es dazu bringt. Dem aus der Geschichte wie Benehmen über uns gekommenen löblichen Ideal des lutherischen Pfarrhauses, wie es im Schwarzen Kloster in Wittenberg sein Vorbild hat, wird also nicht automatisch Rechnung getragen, sondern steht und fällt mit dem Verständnis des Pfarrers darüber und seinem Geschick zu befördern oder zu verhindern. Zusammengefasst ist damit gesagt: Eine Geschichte des Pfarrhauses, ist immer auch die Geschichte der jeweils amtierenden Pfarrer und ihrer Familien. Deshalb wird im weiteren auch hier und da der Name eines Amtsträgers genannt werden dürfen.

Wie schon erörtert, sind Primärquellen kaum verfügbar, außer einiger weniger Eintragungen in den Pfarreramtsakten, einem Stadtplan aus dem Jahr 1791 und erster, aber weniger gesichteter anderer Belege. Reichhaltig ist zwar die Anzahl mündlicher Berichte aus der Gemeinde also von Zeitzeugen, die wir freilich mit einbezogen haben, aber die Hauptlast zum gesicherten Erkenntnisgewinn ist die von Johann Georg Brückner notierte: „Beschreibung des Kirchen- und Schulenstaats des Herzogthums Gotha“ aus dem Jahr 1758 – im weiteren kurz Brückner zitiert -; und wird es vermutlich auch noch bleiben. Daneben haben wir zur Bestätigung und Lückenfüllung zusätzlich die Pfarrerchronik hinzugenommen, die insbesondere für die Chronologie der einzelnen Amtsträger unerlässliche Dienste leistet.

Die erste und hauptsächliche Frage wird die nach dem Ursprung sein. Bei einem Gebäude heißt das, die Frage nach dem Datum seiner Erbauung oder zumindest dem Jahr desselben zu stellen und möglichst zweifelsfrei zu beantworten.

Damit beginnen bereits alle denkbaren Ungereimtheiten! Bei Brückner ist nämlich zu lesen: „Das Pfarrhaus stehet indessen […] allein, ob es gleich den alten Schulhäusern erbauet worden, und sollen selbige hierbevor auf dem so genannten Schwarzbach über Winterstein gestanden, und Jagdhäuser gewesen seyn, welche aber von damaliger Herrschaft der hiesigen Gemeinde zu Pfarr- und Schulhäusern verehret worden, und dieses soll nach Ausweisung der Jahreszahl, so ehemals über der Thür des einen Schulhaus eingehauen gewesen, A(nno). 1574 geschehen seyn.“  zu ergänzen wäre: …läßt sich heute (1758) nicht mehr sicher feststellen. Das Pfarrhaus ein vormaliges Jagdhaus – ein kurioser Gedanke. Hat doch der Dienst eines Pfarrers kaum etwas mit Jagen zu tun, eher schon mit Hegen und Pflegen der ihm anvertrauten Gemeinde. Bei einer Schule mag sich da vielleicht eine Analogie aufdrängen können. Bedeutsamer sind die Hinweise, die sich historisch verwerten lassen: Die Jahreszahl 1574 kann zwar kaum durch weitere Quellen abgesichert werden, belegt aber den Aufschwung des durch die Reformation ausgelösten Bildungsstrebens, das die Kirche seitdem als eine ihrer vornehmsten Aufgaben begriff und noch begreift. Dem entspricht, dass es gleich zwei Schulhäuser waren, die den notwendigen Raum boten, um dem Schuldienst die nötigen äußeren Bedingungen zu bieten. Dagegen wird die genaue Lokalisierung des Pfarrhauses als separates Gebäude noch offen bleiben müssen. Trotzdem kann zweifelsfrei gesichert werden, dass es zu dieser Zeit erst einen Pfarrer gegeben hat, was die chronologische Aufstellung der Amtsträger auch bestätigt.

An anderer Stelle liest sich dann bei Brückner, dass die Erscheinung des Pfarrhauses einen Besorgnis erregenden Zustand erreicht habe, dass es „… zwar unterschiedene Zusätze bekommen und wegen der alten Bauart viele Winckel, hingegen wenig Zimmer und Gelaß hat…“, dass es „… jedoch und eben daher ein altes, baufälliges Pfarrhaus…“ ist. Dass beide Schulhäuser baulich wohl genauso hinfällig waren, bestätigt im gleichen Absatz die Bemerkung, dass sie (die beiden Schulhäuser) „nun-mehro abgerissen“ sind und „… von Grund auf neu erbauet…“ wurden. Damit ergibt sich eine erste Aussage über den damaligen Bestand (1758): Ein baufälliges Pfarrhaus, vermutlich aus dem Jahr 1574 und zwei neue Schulhäuser, die an Stelle der alten gebaut wurden. Weiterhin lässt sich über die beiden Schulhäuser aussagen, dass sie neben den Schulsälen, vermutlich zwei – in jedem Haus einer – oder höchstens drei, „… des Rectoris, Cantoris und Mägdlein-Schulmeisters Wohnung …“ enthalten und „… beyde eine Dachung und Hofstätte haben …“ und, dass die geistlichen Eingebäude „nebst der Kirchen“ liegen.

 

Mit diesen wenigen Bemerkungen Brückners ist trotzdem viel gesagt. Zieht man nämlich den Stadtplan von 1791 hinzu, zeigt dieser selbige Häuser­zeile im gleichen Winkel und südöstlicher Richtung zur Kirche, wie sie Brückner beschreibt und wie sie heute noch besteht. Eine Differenz allerdings lässt sich nicht verheimlichen: Der Stadtplan hat. vier Häuser, Brückner nennt nur drei; der Stadtplan weist das Pfarrhaus gar nicht aus, setzt es deshalb auf der Legende in Klammern, während Brückner es als einzeln stehendes Gebäude hervorhebt. Dieser Befund und das bisher Gesagte gibt Raum für Spekulationen, denen ich keine zusätzliche Nahrung bieten will. Deshalb bleibt diese Differenz vorerst nur erwähnt, ohne sie eingehender zu bewerten.

Etwas weiter führt hingegen die Tatsache, dass bereits 1702 ein zweiter Pfarrer nach Friedrichroda entsandt wurde, der im Jahr 1700 zunächst zum Rector der Knabenschule bestimmte Matthias Gräfenhan, und ab 1702 Inhaber des zweiten, hiesigen Pfarramtes. Dem war vorausgegangen, dass sich die eingepfarrte Filiale Rödichen „separierte“, 1699 dort eine eigene Kirche erbaut wurde, und einen eigenen Ortsgeistlichen beanspruchte, damit regelmäßig Gottesdienst gehalten werden könne. Bis dahin hatte die . Gemeinde aus Rödichen hierher in die Kirche zu kommen, was bei widriger Witterung den Kirchgang entsprechend minderte. Gräfenhan scheint den Dienst zunächst eher im Sinne einer Vakanzverwaltung ausgeübt zu haben, denn erst 1721 wird mit herzoglichem Rezeß (Brückner) die Einrichtung dieses Pfarramtes bestätigt und Gräfenhans Nachfolger Johann Christoph Credner der erste ordentliche Amtsinhaber. Die jetzt sich nötig machende Aufteilung der dienstliche Vollzüge schlägt sich in den Amtsbezeichnungen nieder. Blieb der Inhaber der ursprünglichen Pfarrstelle „der Pfarrer von Friedrichroda“ und gleichzeitig Adjunctus, oblagen ihm also kirchliche, schulische wie bürgerliche Verwaltungsaufgaben, wird der zweite Pfarrer ‚Diaconus zu Friedrichroda‘ und zum Pfarrer in Rödichen investiert.

Die Wichtigkeit dieser Aussagen liegen auf der Hand, indem auf das Jahr 1702 bzw. 1721 festgesetzt werden kann, was nahezu 300 Jahre Geltung behalten sollte – zwei Pfarrer mit Amtssitz in Friedrichroda. Eine für kirchliche gleich bürgerliche Gemeinde und Pfarrhaus ereignisreiche Zeit, jene erste Hälfte des 18. Jahrhundert, in der nachwirkende Verhältnisse geschaffen wurden. Dass es hierfür weniger äußere Gründe gab, sondern hauptsächlich geistliche, wird in der Pfarrerchronik rückblickend mit den Worten umschrieben, dass es ‚echte Vermehrung in diesem Gotteshause (hiesige Kirche) gegeben habe, die auch die Zahl der „öffentlichen Lehrer“ vergrößert hat.

Wie auch die Gründe der Zunahme kirchlichen Lebens im einzelnen zu beurteilen sind, sie haben jedenfalls dazu geführt, dass die Wohnung, d.h. das Haus des rector scholae, gleichzeitig Pfarrer von Rödichen und Diaconus zu Friedrichroda neu erbaut wurde. Letzte Amtsbezeichung wird gleichzeitig Namensgeber des Hauses. Im Jahr 1735 erfolgt seine Einweihung als Diaconat. Es ist das Gebäude, das uns in diesen Tagen fast 270 Jahre später neuerlichen Grund zur Freude und Anlass zur Feier gibt. Das Haus wird folgendermaßen beschrieben: Es „… stehet neben der Adjunctur…“, dem jetzt so benannten Pfarrhaus,“… und nahe bey der Kir­che, hat zwei Stockwercke, in deren unterem die Schul-Stube, im oberen aber die Wohn-Stube […] des Diaconi und Rectoris […] und 5 Kammern sich befinden, ist sonst auch mit Küchen, Kellern, Böden und Stallung, auch einen Waschhäuslein versehen“. Im gleichen Haus erhält auch der Cantor seine Wohnung, die „… ist neben des diaconi seiner […] und mit 2 Stuben und „zwey Kammern […] versehen“. Damit haben wir eine verbindliche Aussage über den Bestand des Diaconats, der sich bis heute verlässlich nachzeichnen lässt. Vielleicht mag sich damit sogar die Differenz zum erwähnten Stadtplan auflösen lassen, indem man das Diaconat an die Stelle setzt, die zwischen dem als einzeln stehend bezeichneten Pfarrhaus, jetzt ‚Adjunctur und den beiden Schulhäusern unbebaut geblieben war. In der Pfarrerchronik ist im Zuge der Einweihung des Diaconats nebenbei bemerkt, dass es „… bei den 2 Schulhäusern …“ liegt, was damit die Zahl der kirchlichen Eingebäude auf vier erhöht gleich der Zahl, der auf dem Stadtplan dargestellten Häuser. Für diese Annahme spricht auch, dass es für die beiden anderen Lehrer, dem so genannten „… dritten Collegen bei der Knaben-Schule, so nun auch Organismen] heiss[en]t…“, wie auch für den „Mägdleins-Schulmeister“ eine Bleibe gegeben hat. Diese Wohnungen müssen sich in den jeweiligen Schulhäusem befunden haben und zwar neben den Schulstuben. Demnach waren die Schulhäuser einstöckige Gebäude, wie vermutlich das Adjuncturgebäude auch.

Trotzdem bleibt ein unauflösbarer Rest zwischen Stadtplan und den Beschreibungen Brückners berechtigten Zweifels, über den sich der Mantel der Geschichte wohl völlig geschlossen hat.

Für die nun folgenden 100 Jahre ist über die Gebäude kaum Erhebendes den Quellen zu entnehmen, die räumlichen Gegebenheiten genügten offenbar den Erfordernissen. Dann, beginnend mit dem Jahr 1823, mehren sich wieder Einträge über Bauarbeiten, die jetzt das Pfarrhaus bzw. Adjunctur betreffen. Mittlerweile war es das Älteste der kirchlichen Eingebäude, was die schon erwähnte Baufälligkeit keinesfalls gebessert hatte. So ist es kaum verwunderlich, dass früher oder später Bauliches bevorstand. Es wird genauso – wie das Diaconat zuvor – völlig neu gebaut und schließlich 1825 eingeweiht. Mit diesem Jahr und dem Neubau der Adjunctur als dem vorerst letzten größeren Bauvorhaben, sind die kirchlichen Eingebäude in dem Maße ausgebildet, wie sie im weiteren das Stadtbild prägen und als Pfarrhäuser der Gemeinde ihrer Aufgabe gerecht werden.

Das heißt auch, dass die Annahme, das Pfarrhaus sei das ältere Gebäude, damit eine Korrektur erfährt und sich von nun an auf das Diaconat zu erstrecken hat. Ein Vorgang, der sich schon deshalb ergeben wird oder schon ergeben hat, weil das ehemalige Diaconatsgebäude, jetzt das alleinige Pfarrhaus ist, was durch die geschichtlichen Belege nun zusätzliche Bestätigung erhält. Hat der Gemeindekirchenrat 1999 die Entscheidung, sich des zweiten Pfarrhauses zu entledigen, schweren Herzens getroffen, so erhält er zumindest darin eine Genugtuung, das ältere der beiden Gebäude weiterhin als Pfarrhaus im Besitz der Gemeinde zu wissen.

An dieser Stelle soll noch etwas zu den Schulen gesagt werden, die Mitte des 19. Jahrhundert überall beginnen, sich im Zuge der Ausbildung der Übernahme des Bildungsauftrages durch den Staat immer weiter der kirchlichen Subordination zu entziehen, was sich meistens auch in den Örtlichkeiten widerspiegelt. 1868 erfolgt die Einweihung des neuen Schulgebäudes am alten Kirchplatz, der jetzigen Lindenstraße, vorher hat es im Diaconat wegen der Zunahme der Schülerzahl Erweiterungen geben müssen, die vermutlich nur in der Neuordnung der verfügbaren Räume bestand. 1874 erfährt das neue Gebäude einen weiteren Anbau, bis schließlich 1889 ein weiterer Neubau, nämlich die Schule an der Alexandrinenstraße eingeweiht wird, die dann 1900 aufgestockt und durch den Bau der Turnhalle ergänzt wird. Nebenbei bemerkt: Es ist durchaus möglich, dass es noch eine weitere Etappe gegeben hat, die beide oder nur ein Schulhaus zwischen Diaconat und Lindenstraße auf dem Gelände des Pfarrhofes sieht. Andeutungen und Notizen in der Pfarrerchronik lassen diesen Schluss zu, bleiben aber gleichzeitig äußerst ungenau in der Beschreibung, wo dieses Gebäude genau gestanden haben könnte. Soweit und in wenigen Sätzen nachgezeichnet, die Entwicklung der Schule nach Auflösung der räumlichen Nähe zu Adjunctur und Diaconat.

Betrachten wir die nun folgenden Jahrzehnte, hauptsächlich die des letzten Jahrhunderts, dann ist alles, was sich auf die beiden Pfarrgebäude beziehen lässt, einmal mit dem Erhalt der Häuser und zum anderen mit den fortlaufenden Anpassungen an den jeweiligen gemeindlichen Bedarf umrissen. In einer Art Blütenlese, also weniger chronologisch, sondern ereignisbezogen, will ich das eine oder andere noch erwähnen und so das Vorhaben, die Geschichte des Pfarrhaus zu beschreiben, abrunden. Seit 1878, zu Zeiten der Oberpfarrer Haupt und ab 1882 Thielemann, häufen sich die Einträge, die ziemlichen Ärger mit der Entwässerung der Gebäude wiedergeben. Dieser leidige Umstand hat darin seine Ursache, dass fast zeitgleich die „Schwemme“, jener kleine Teich, der sich auf dem heutigen Kirchplatz befand und dem Platz einst seinen Namen gab, zugefüllt wurde und damit die Entwässerung der Pfarrhäuser ins Stocken geriet. Man hatte zwar den Abfluss der Häuser mit dem Stollen, der das Wasser der „Schwemme“ abführte, verbunden, aber nicht in ausreichendem Maße. Erst 1890, nachdem die Keller beider Häuser über mehrere Jahre bei entsprechendem Regenguss voller Wasser liefen, wurde eine entsprechende Lösung für die Kanalisation gefunden, deren Verlauf im Zuge des jetzigen Umbaus endgültig reguliert wurde.

Zwischen 1862 und 97 gehörte Rödichen zum Pfarramt Wahlwinkel. Jene Zeit wurde zu einer umfangreichen Renovierung genutzt: Dielen neu verlegt, Fußböden erneuert, Türen und Fenster gestrichen, bei einem Kostenaufwand – deshalb sei es erwähnt -, von 510 Mark und 49 Pfennigen. Dabei wurde auch Hausschwamm festgestellt, der 1890 erneut auftrat, und erst in jenem Jahr, wie es heißt: „endgültig beseitigt“ wurde. Auch die dafür aufgewendete Summe ist bemerkenswert, sie betrug 55 Mark und 79 Pfennige. Mit der zeitweiligen Absenz Rödichens als Filiale von Friedrichroda, verlieren sich zudem die bis dahin gebräuchlichen Amtsbezeichnungen oder werden durch inzwischen übliche ersetzt: Der Adjunctus wird nun zum 0berpfarrer und der Diaconus zum zweiten Pfarrer in Friedrichroda und Pfarrer von Rödichen.

Damit geht einher, dass verständlicherweise auch die Bezeichnungen der Pfarrhäuser: Adjunctur und Diaconat aus der Benutzung kommen. Bleibt das Diaconat als unterscheidende Bezeichnung in der Pfarrerchronik noch bis in die Amtszeit Superintendent Glombitzas in Gebrauch, später tritt die Bezeichnung „Superintendentur“ an seine Stelle, vertiert sich die Bezeichnung Adjunctur gänzlich und wird auch durch keine andere ersetzt. Für die Gemeinde sind es von nun an ‚die beiden Pfarrhäuser‘ und werden allenfalls nach den Namen der jeweiligen Amtsträger voneinander abgegrenzt.

 

Einstmals war eine Mauer um die Kirche angelegt, an deren mehr ostwärts gewandter Seite, wie bereits erwähnt, das Diaconat grenzte und an deren mehr südwärts gewandter Seite ein so genanntes Ossarium oder Beinhaus stand – die Leichenhalle. Unweit davon gab es ein weiteres Haus, das der seit 1873 organisierten Feuerwehr als Spritzenhaus diente. Als 1885 Mauer, Beinhaus und auch Spritzenhaus abgerissen wurden, verlor die Feuerspritze ihren Unterstand. Um sie weiterhin zentrumsnah deponieren zu können, stellte die Hausdurchfahrt zwischen Adjunctur und Diaconat den Platz, den die Feuerspritze bis 1933 einnehmen sollte. Zuvor -1927-, in der Amtszeit Pfarrer Langenhans, wurde der Dachstuhl der Nordseite des Diaconats angehoben und damit die nach fast 200 Jahren erste nachweisliche Veränderung am Äußeren des Gebäudes vorgenommen; wie dann im bereits benannten Jahr 1933 ein Umbau im Inneren dazukam. Dabei wurden die Verhältnisse geschaffen, wie sie bis zum jetzt erfolgten Umbau bestanden hatten oder noch bestehen: Ein Pfarrbüro und Archivraum wurden angelegt und der Gemeinderaum für die Konfirmandenstunde. Die Wohnungen des Diacons und des Kantors wurden zu einer geräumigen Dienstwohnung für den zweiten Pfarrer zusammengelegt. Gleichzeitig waren durch die Überbauung der Hausdurchfahrt zwei weitere . Räume entstanden. Diese wurden an die Kurverwaltung vermietet, die in jenen Jahren bis 1936 hier ihr Domizil hatte. Der Kostenaufwand für diese umfangreichen Umbauten kommt schon eher in heutige Dimensionen, : bleibt aber gleichzeitig noch weit hinter diesen zurück – er betrug 11.022 : Mark.

In der Nachkriegszeit, als der Ort zuerst unter amerikanische Besatzung geriet, wurde das Pfarrhaus Zeuge einer zwar den Umständen geschuldeten, aber trotzdem ziemlich ungewöhnlichen Begegnung. Am 12. 05.1945 wird der amerikanische Adjutant, Captain Chambers vorstellig, um eine gottesdienstliche Zusammenkunft (Sittendienst) für seine Soldaten anzumelden. Dazu oder zu Ähnlichem scheint es nicht gekommen zu sein, denn ? 9 Tage später, am 21. 05., tritt er ein zweites Mal auf und gibt seinen Abschied und damit den Abzug der Amerikaner bekannt.

An dieser Stelle ist die Gelegenheit einmal überhaupt die Zusammenkünfte, Werke und Kreise zu benennen, die in jener Zeit existierten. Ist zwar das Pfarrhaus auch ein Gebäude und deshalb den baulichen Erfordernissen unterworfen, so wird es aber erst mit Leben erfüllt, wenn es seiner Aufgabe, die Gemeinde zu versammeln, gerecht wird. Ich beziehe mich weitestgehend auf eine Art Bestandsaufnahme, die die Superintendenten Schulze-Kadelbach und Glombitza angefertigt haben: 1947 wird eine Frauen-Hilfe ins Leben gerufen, die dann mit dem seit 1882 existierenden Frauenverein und dem lange vorher gegründeten Gustav-Adolf-Frauenverein zusammengeführt wird und sich bis in unsere Zeit als Frauen- bzw. Mütterkreis einmal monatlich versammelt.           ; Der Kirchenchor, vor 1867 von Cantor Lerp gegründet (das genaue Datum bleibt unklar), hat in jenen Nachkriegsjahren 20 Frauen. Das Fehlen der   ‚ Männer ist kriegsbedingt, wenngleich sie es auch späterhin nie vermochten, den Frauen an Zahl ebenbürtig zu werden. Aus gleichem Grunde ist auch der 1930 gegründete Posaunenchor erst mit Beginn der 50iger Jahre wieder spielfähig.

Christenlehre und Jugendkreise kommen regelmäßig zusammen und werden von der Katechetin Hanna Schwarz geleitet, wobei die Christenlehre noch teilweise in der Schule gehalten wird, aus der sie dann aber bald verdrängt wurde. Weniger in regelmäßigen als in zunächst sporadischen Zusammenkünften, entwickelt sich das Männerwerk und Jung-Männer-Werk. Letzteres ist später in die Junge Gemeinde übergegangen, während Ersteres weiterhin existiert und regelmäßig zusammenkommt.

Neben diesem wird sich bestimmt Weiteres hinzufügen lassen, was beispielsweise noch in der Erinnerung ist, aber hier unbenannt bleibt, ohne freilich seine Bedeutung zu schmälern.

Ein letzter Abschnitt dieser Blütenlese, ist noch einmal angefüllt mit Bauaufgaben. 1969 beginnend, dann 1975 weiterführend und abschließend, wird die Kantorenwohnung im Dachgeschoss des Diaconats auf die gesamte Geschossfläche erweitert. Wie überhaupt in der Amtszeit von Super­intendent Schurig eine gründliche Erneuerung vorgenommen wurde: Neudeckung des Daches ‚Diaconat‘, Erneuerung der hinteren und Streichen der straßenseitigen Fassaden und des Giebels, wie auch die Möblierung des Pfarrbüros und schließlich der Ausbau und Neuordnung des Gemeindebreichs in der Adjunctur mit Gemeinderaum, Küche und Sanitärräumen. 1981 kommen diese Bauhandlungen zum Abschluss. Die damit geschaffene Betätigungsfläche für die Gemeinde bildet zusammen mit den einzelnen Wohnungen nun den direkten Übergang zu den am 24. Juni 2003 abgeschlossenen (Treppenpodest Vordereingang im August) Erweiterungen/Sanierungen/Umbauten des Gebäudes, das seit 1995 einziges Pfarrhaus in Friedrichroda ist und – wie diese Darstellung erbrachte -, auch die Geschichte auf seiner Seite hat.

Möge sich das Geschaffene Innen wie Außen reichlich auswirken

zum Segen der Gemeinde und zur Ehre Gottes.