Gemeindebrief Februar März 2017

Gott spricht: »Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch«.

(Ezechiel  36,26 E)

Jahreslosung 2017

   „Wie soll das denn gehen?“, frage ich mich. Weil ich weiß, wie schwer es fällt, schon kleine Gewohnheiten zu ändern. Erst recht, einen neuen Anfang zu wagen in den kleinen und großen Bereichen meines Lebens: „Wenn wir nicht völlig umdenken, sieht die Zukunft für nachfolgende Generationen düster aus“, warnen uns besorgte Menschen in Kirche und Gesellschaft. „Sie kommen um eine Transplantation nicht herum“, muss die Ärztin dem Patienten mitteilen. „Unser Kind ist so widerspenstig!“, äußern verzweifelte Eltern. „Wenn möglich, bitte wenden“, tönt die Stimme aus meinem Navi. Ich bin wohl in falscher Richtung unterwegs…

   Deutliche Worte – allen gemein ist, dass sich zeitnah Grundlegendes ändern muss. Dass es sogar lebensnotwendig sein kann…

   Auch der Prophet Ezechiel hat im Auftrag Gottes klare Ansagen zu machen. Keine leichte Aufgabe! Erst recht nicht, wenn er sie an Gottes Volk richten soll, an Leute „mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen“. (2,4) Er stammt aus einer Priesterfamilie und gehört zu den ersten, die von Israel nach Babylon weggeführt wurden. Führende Persönlichkeiten suchen seinen Rat. Mit immer wieder neuen mi Worten gemalten Bildern verkündigt er die ihm von Gott aufgetragene Botschaft. Das Volk Israel will die- se Worte nicht hören und lehnt sich gegen den Propheten auf. In diese verfahrene Situation spricht Gott sein Angebot: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“

   Von sich aus wird Gottes Volk es nicht schaffen, sein Volk zu sein: Ihn als seinen Gott zu erkennen. Das meint weit mehr, als seine Existenz nicht zu leugnen. Es geht um eine tiefe Beziehung, um ein Leben, das sich ganz auf ihm ausrichtet. Gott | schenkt seinem Volk das, was es für eine lebendige Beziehung braucht: „Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch“. (11,19) | Dieses schöpferische Handeln Gottes nimmt nimmt die Grafik zur Jahreslosung in den Blick. Über ein dunkles, abgestorbenes Herz schiebt sich ein blutrotes, lebendiges Herz. Im Hintergrund zeigt sich eine Zielscheibe. Beide Herzen Zielen darauf. Doch nur das rote trifft die goldene Mitte…

   Wer lässt sich schon gerne sagen, dass er am Ziel seines Lebens vorbeischießt? Ursache war zu Zeiten Ezechiels die Hartherzigkeit des Volkes Israel. Der Prophet geht noch weiter: In Gottes Augen ist das Volk lebendig tot. Doch er bleibt bei seiner Verheißung: „Auf gute Weide will ich sie führen, im Bergland Israels werden ihre Weideplätze sein. Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen, die fetten und starken behüten. Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist. (34,14.16) Worte voller Hoffnung, die aber zugleich signalisieren, dass das Volk sich nicht selber retten kann…

   Heißt das, dass ich mich selbst aufgeben muss, um vor Gott bestehen zu können? Das ist in der Tat eine Provokation – wenn ein Leben mit Gott eine umfassende Erneuerung meines Denkens, Fühlens, meines ganzen Lebensstils zur Folge hat. Eine Zumutung in einer Zeit, in der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit als die erstrebenswerten Ziele gelten. Um im Bild der Grafik zu bleiben: Sünde ist Zielverfehlung. Sie trennt uns Von Gott und von Menschen. Doch wir tun uns heute schwer, von Schuld oder gar Sünde zu reden. Umso größer ist unsere Sehnsucht nach Veränderung und Heilsein. In der goldenen Mitte der Zielscheibe Sehen wir ein Kreuz. Das ist der heilsame Ort, an dem sich Himmel und Erde, Gott und Mensch begegnen. In Christus kommt er mir ganz nah. Nichts kann ihn daran hindern, immer wieder einen neuen Anfang mit mir zu wagen. Mit dem Kreuz legt Gott selber den Grundstein für meine Umkehr und Verwandlung. Mehr noch: für die neue Schöpfung. „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“

   Leben Menschen, die das erkennen, fortan als Heilige? Sie leben als Heilige im Sinne von: sie gehören Gott, der sie heil macht von allem, was sie von ihm trennt. Wenn ich das erkenne, bleibt nicht alles beim Alten. Das rote Herz streckt sich dem Licht entgegen, wächst in ein neues Leben hinein und wird überstrahlt vom goldenen Streif am rechten Rand. Gold steht für das Ziel meines Glaubens: ewig in der unmittelbaren Gegenwart Gottes zu leben. Diese Hoffnung lässt es mich aushalten, dass ich meine Erkenntnis und meinen Glauben oft als vorläufig und bruchstückhaft empfinde. Der gute Hirte bringt auch mich immer wieder von falschen Wegen zurück und hin zum Ziel. Lasse ich mir ein neues Herz und seinen lebendigen Geist schenken – mit der Verheißung und dem Risiko, dass nichts so bleiben muss, wie es ist? Das Wagnis lohnt sich. Es kann mit einem Wort beginnen, dem ich meine Ohren und mein Herz öffne. Schon ein kleiner Stein zieht im Wasser weite Kreise. Wie auch die Linien um die goldene Mitte. Wenn ich mich darin verorte, erlebe ich Veränderung in den großen und kleinen Bereichen meines Lebens. Und darüber hinaus.

   Ein gesundes und freundliches Jahr im Miteinander in der Gemeinde unter dem Segen Gottes wünscht in herzlicher Verbundenheit – auch im Namen aller Mitarbeiter/Innen.

                                                                                                                    Ihr Pfarrer Albrecht Kunz